Bei Patienten mit nicht-röntgenologischer axialer Spondyloarthritis zeigen sich „objektive“ Entzündungszeichen manchmal erst später

Von den DVMB-Forschungspreisträgern PD Dr. Xenofon Baraliakos, Herne, und Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin, sowie Su Chen, Alleen L. Pangan und Jaclyn K. Anderson von AbbVie Inc., North Chicago, USA

Unter einer nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (nr-axSpA) versteht man eine Spondyloarthritis (entzündliche Wirbelsäulen- und Gelenk-Krankheit), die vorwiegend das Achsenskelett (Wirbelsäule und Kreuzdarmbeingelenke) betrifft und bei der (noch) keine deutlichen Veränderungen im Röntgenbild der Kreuzdarmbeingelenke zu sehen sind.1

Die Krankheitsaktivität wird meist mit dem BASDAI-Fragebogen2 beurteilt, in den der Patient seine subjektive Einschätzung einträgt. Als objektive Beurteilungsmethoden der Krankheitsaktivität kommen der Laborwert CRP und in den Magnetresonanztomographie-Bildern3 der Wirbelsäule und der Kreuzdarmbeingelenke sichtbare Entzündungszeichen in Frage. Eine solche Beurteilung ist in vielen Ländern eine Voraussetzung für den Beginn einer Anti-TNF-Therapie.
Die ABILITY-1-Studie wurde 2013 durch-geführt, um die Wirksamkeit des TNF-alpha-Blockers Adalimumab nachzuweisen. Wir benutzten die Daten der dabei zunächst mit Placebo behandelten Patienten, um zu untersuchen, wie stabil diese objektiven Beurteilungsergebnisse bei Patienten ohne Behandlung mit TNF-Blockern sind und wie häufig sie sich auch ohne eine solche Behandlung verändern.

Patienten ohne objektive Entzündungszeichen zu Studienbeginn

Von den 94 in der ABILITY-1-Studie zunächst mit Placebo behandelten Patienten lag von einem Patienten kein zu Studienbeginn bestimmter CRP-Wert vor. 20 Patienten hatten zu Studienbeginn sowohl ein normales CRP als auch keine Entzündungszeichen in den Magnetresonanzbildern. Weitere 36 Patienten hatten nur ein normales CRP und weitere 9 keine Entzündungszeichen in den Magnetresonanzbildern der Wirbelsäule und der Kreuzdarmbeingelenke, während von 3 Patienten zu Studienbeginn keine Magnetresonanzbilder vorlagen (Tabelle 1).
Von den 20 Patienten, die zu Studienbeginn sowohl ein normales CRP als auch keine Entzündungszeichen in den Magnetresonanzbildern hatten, hatten 10 Patienten (50%) zu mindestens einem Untersuchungstermin während der folgenden 12 Wochen ein erhöhtes CRP und/oder Entzündungszeichen in den nach 12 Wochen aufgenommenen Magnetresonanzbildern.
Von den 56 Patienten mit einem normalen CRP zu Studienbeginn (Zeilen 1+2 in Tabelle 1) hatten während der folgenden 12 Wochen 14 Patienten (25%) irgendwann ein erhöhtes CRP, das nur in 3 Fällen einer Infektionskrankheit zugeordnet werden konnte.
Von den 32 Patienten mit normalen oder fehlenden Magnetresonanzbildern zu Studienbeginn (Zeilen 1+3 in Tabelle 1) waren nach 12 Wochen bei 11 Patienten (34%) die Magnetresonanzbilder nicht mehr frei von Entzündungszeichen.

Vorhersagefaktoren für ein Hinzukommen von Entzündungszeichen während der Beobachtung

Bei den 20 Patienten ohne objektive Entzündungszeichen (normales CRP und unauffällige Magnetresonanzbilder) zu Beginn der Studie gab es keine statistisch signifikanten Vorhersagefaktoren für ein Hinzukommen von Entzündungszeichen während der Beobachtung. Die Wahrscheinlichkeit dafür war jedoch bei weiblichen Patienten, bei einem Alter von weniger als 40 Jahren und bei längerer Krankheitsdauer vor Studienbeginn tendenziell höher als bei anderen Patienten. Die mittlere Symptomdauer vor Studienbeginn betrug bei Patienten mit hinzugekommenen Entzündungszeichen 10 Jahre im Vergleich zu 6 Jahren bei Patienten ohne neu aufgetretene Entzündungszeichen.

Patienten mit objektiven Entzündungszeichen zu Studienbeginn

Von den 73 Patienten, die schon zu Studienbeginn objektive Entzündungszeichen (erhöhtes CRP und/oder Entzündungszeichen im Magnetresonanzbild der Wirbelsäule oder der Kreuzdarmbeingelenke) aufwiesen (Zeilen 2 bis 4 in Tabelle 1), hatten 6 Patienten (8%) nach 12 Wochen keine objektiven Entzündungszeichen mehr. Von den 25 Patienten, die zu Studienbeginn sowohl ein erhöhtes CRP als auch Entzündungszeichen im Magnetresonanzbild hatten, hatten 7 Patienten (28%) nach 12 Wochen entweder ein normales CRP oder keine Entzündungszeichen mehr im Magnetresonanzbild. Keiner dieser Patienten war nach 12 Wochen ganz frei von objektiven Entzündungszeichen.

Schlussfolgerungen

Wir konnten in dieser Studie nachweisen, dass sich bei Patienten mit aktiver nicht-röntgenologischer axialer Spondyloarthritis (die Patienten hatten trotz einer Behandlung mit NSAR4 und z.T. auch DMARDs5  im Mittel einen BASDAI2 von 7 auf der 10-Punkte-Skala) auch ohne Anti-TNF-Therapie die objektiven Entzündungszeichen im Rahmen des natürlichen Krankheitsverlaufs innerhalb kurzer Zeit verändern können.
Die Bedeutung unserer Studie liegt darin, dass Patienten ohne objektive Entzündungszeichen nach den gültigen Empfehlungen im Allgemeinen nicht für eine Anti-TNF-Therapie in Frage kommen. Außerdem hat sich ein erhöhtes CRP als guter Vorhersagefaktor sowohl für ein Fortschreiten der knöchernen Versteifung6 als auch für ein Ansprechen auf die Anti-TNF-Therapie7 erwiesen. Unsere Ergebnisse bedeuten, dass es sich lohnt, bei Patienten mit klinisch8 aktiver Krankheit aber ohne objektive Entzündungszeichen die entsprechenden Untersuchungen gelegentlich zu wiederholen, um die Therapie entsprechend anzupassen.

Anschrift des erstgenannten Verfassers: Rheumazentrum Ruhrgebiet, Claudiusstr. 45, 44649 Herne

1) MBJ Nr. 117 S. 4–6, Nr. 129 S. 36–37, Nr. 130 S. 6, Nr. 131 S. 4–6, Nr. 132 S. 5–6, Nr. 139 S. 23
2) MBJ Nr. 121 S. 9–12, DVMB-Schriftenreihe Heft 13
3) MBJ Nr. 98 S. 12, Nr. 100 S. 6, Nr. 115 S. 17–19, Nr. 122 S. 13–14, Nr. 142 S. 5–9
4) nichtsteroidale Antirheumatika
5) disease-modifying anti-rheumatic drugs: langfristig krankheitsmodifizierende Antirheumatika, z.B. Sulfasalazin oder Methotrexat
6) MBJ Nr. 126 S. 14–15, Nr. 129 S. 17, Nr. 130 S. 6–8
7) MBJ 121 S. 4–5, Nr. 124 S. 18–19, Nr. 126 S. 5–6
8) vom Arzt ohne bildgebende Verfahren oder Labortests erkennbar

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