Intensive Atem-, Kreislauf- und Kraft-Übungen verringern bei der axialen Spondyloarthritis Stress und Müdigkeit

Von Silje Halvorsen Sveaas, Dr. Inger Jorid Berg, Camilla Fongen, Dr. Sella Aarrestad Provan und Prof. Dr. Hanne Dagfinrud, Oslo, Norwegen

Wie Studien gezeigt haben, ist die axiale Spondyloarthritis (Morbus Bechterew und nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis) verbunden mit einem erhöhten Risiko für Depressionen, Angstgefühle und seelischen Stress, und ungefähr 50% der Patienten leiden unter extremer Müdigkeit. Der Grund dafür ist unbekannt, hängt aber sicher mit den Entzündungsprozessen, Schmerzen und Schlafstörungen zusammen.
In der Allgemeinbevölkerung haben Bewegungsübungen eine wohltuende Wirkung auf seelischen Stress, Müdigkeit und die Stimmung. Es ist aber kaum erforscht, wie sich Übungen bei der axialen Spondyloarthritis auf diese Beeinträchtigungen auswirken. Obwohl seelischer Stress und Müdigkeit bei der axialen Spondyloarthritis wesentliche Symptome darstellen und die Müdigkeit sogar Bestandteil des Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index (BASDAI)1 ist, wurde ihre Veränderung in Studien zur Wirkung krankengymnastischer Übungen selten berücksichtigt. Es wurde zwar die wohltuende Wirkung von Bewegungsübungen im Allgemeinen auf seelischen Stress und Müdigkeit nachgewiesen, es gibt aber keine wissenschaftliche Studie zur Wirkung von Atem-, Kreislauf- und Kraft-Übungen bei diesen Patienten. Die Wirkung solcher Übungen bei der axialen Spondyloarthritis auf seelischen Stress, Müdigkeit und die Fähigkeit, den ganzen Tag aktiv zu sein, haben wir in einer Studie untersucht.

Studienteilnehmer

Studienteilnehmer waren Patienten im Alter von 18 bis 70 Jahren, welche die ASAS-Kriterien2 für die axiale Spondyloarthritis erfüllten, mit einer moderaten bis hohen Krankheitsaktivität (BASDAI mindestens 3,5), ohne Änderung einer Anti-TNF-Therapie in den vergangenen 3 Monaten und ohne mindestens wöchentliche Atem-, Kreislauf- oder Kraftübungen in den vergangenen 12 Monaten. Ausschlusskriterien waren eine Schwangerschaft und eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Behandlungen

Die 13 Patienten in der Behandlungsgruppe wurden 3 Monate lang entsprechend den Empfehlungen des American College of Sports Medicine (ACSM) behandelt. An zwei Tagen in der Woche wurden fachlich angeleitete Übungen durchgeführt, mit 4 Minuten auf dem Laufband bei 90–95% der höchstzulässigen Pulsrate, gefolgt von 3 Minuten aktiver Pause bei 70% der höchstzulässigen Pulsrate, das Ganze 4-mal wiederholt. Danach führten die Teilnehmer 20 Minuten lang Kraftübungen für die wichtigsten Muskelgruppen durch (2- bis 3-mal mit jeweils 8–10 Wiederholungen). Einmal in der Woche führten die Teilnehmer der Behandlungsgruppe 40 Minuten lang individuelle Atem- und Kreislauf-Übungen durch. Die 15 Teilnehmer der Vergleichsgruppe wurden aufgefordert, ihre gewohnten körperlichen Aktivitäten nicht zu verändern.

Wirksamkeitsbeurteilung

Alle Teilnehmer füllten zu Beginn und nach Beendigung der Studie Fragebögen aus. Zur Beurteilung des seelischen Stresses wurde ein Fragebogen mit 12 Fragen verwendet, die jeweils mit 0 (überhaupt nicht) bis 3 (viel mehr als üblich) beantwortet werden konnten. Die Summe der Antworten konnte also Werte von 0 bis 36 annehmen.
Die Müdigkeit wurde mit der ersten Frage des BASDAI-Fragebogens („Wie ausgeprägt war Ihre Erschöpfung/Müdigkeit in der letzten Woche insgesamt?“) beurteilt, und die Fähigkeit, den ganzen Tag aktiv zu sein, mit der letzten Frage des BASFI-Fragebogens („Können Sie zuhause oder bei der Arbeit den ganzen Tag aktiv sein?“).

Studienergebnisse

Alle Teilnehmer der Behandlungsgruppe nahmen an mindestens 80% des Behandlungsprogramms teil. Alle Teilnehmer der Vergleichsgruppe berichteten, während der Studie ihre gewohnten körperlichen Aktivitäten nicht verändert zu haben. In der Behandlungsgruppe hatte sich am Ende der Studie der seelische Stress im Mittel signifikant um 31% gebessert, während in der Vergleichsgruppe keine Besserung beobachtet wurde (Bild 1). Auch bei der Müdigkeit wurde in der Behandlungsgruppe eine signifikante Besserung festgestellt. Sie betrug sogar im Mittel 46%, gegenüber 8% in der Vergleichsgruppe. Bei der Fähigkeit zu ganztägiger Aktivität betrug die Besserung in der Behandlungsgruppe im Mittel 52% gegenüber 12% in der Vergleichsgruppe (Bild 1).

Diskussion

Bei gesunden Erwachsenen ist der Nutzen von Atem- und Kreislaufübungen für die seelische Gesundheit bekannt. Zur Erklärung dieser Wirkungen gibt es psychologische und physiologische Erklärungsversuche. Die psychologischen Erklärungsversuche basieren auf Ablenkung, vermehrter Selbstwirksamkeit und sozialen Wechselwirkungen. Die physiologischen Erklärungsversuche basieren auf ähnlichen Wirkungen wie antidepressive Medikamente und Endorphin-Ausschüttungen mit ihrer Wirkung auf das zentrale Nervensystem.
Eine andere mögliche Erklärung ist die antientzündliche Wirkung körperlicher Aktivität.3 Wir fanden in unserer Studie eine Abnahme entzündungsfördernder Zytokine in der Übungsgruppe.
Da seelischer Stress und Müdigkeit nicht nur auf Entzündungsprozessen beruhen, können krankengymnastische Übungen auch für Patienten hilfreich sein, bei denen die Beschwerden nicht auf der Entzündungsaktivität beruhen.

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse unserer kleinen Pilotstudie zeigen vielversprechende Wirkungen einer intensiven Atem-, Kreislauf- und Kraft-Übungstherapie bei der axialen Spondyloarthritis auf den mit der Krankheit verbundenen seelischen Stress, die Müdigkeit und die Fähigkeit zu ganztägiger Aktivität.
Die Wirkungen sind als medizinisch relevant anzusehen. Im Licht der Häufigkeit von seelischem Stress und Müdigkeit bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis bedeuten die Ergebnisse, dass krankengymnastische Übungen als wirksame Behandlungsmöglichkeit anzusehen sind, und zwar nicht nur zur Besserung körperlicher Beschwerden, sondern auch zur Besserung der mitunter genauso schweren seelischen Beeinträchtigungen.

Kontakt: s.h.sveaas@medisin.uio.no

Quelle: Gekürzte patientengemäße Übersetzung eines in der Zeitschrift Scandinavian Journal of Rheumatology Band 47 (2018) S. 117–121 erschienenen Artikels (dort mit ausführlichem Literaturverzeichnis)


 1) MBJ Nr. 121 S. 9–12, DVMB-Schriftenreihe Heft 13
 2) MBJ Nr. 146 S. 4–5, DVMB-Schriftenreihe Heft 13
 3) siehe Seite 25 in diesem Heft

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