Nahrungsmittel-Steckbrief „Rosenkohl“

Von Dr. med. Gudrun Lind-Albrecht, RHIO Düsseldorf, Mitglied der MBJ-Redaktion

Zu den hierzulande am meisten unterschätzten Gemüsearten gehört sicher der Rosenkohl. Oftmals hört man die Klage, er schmecke so bitter. Auch Kurt Tucholsky war ein Kostverächter: Rosenkohl rangierte in seiner Liste der Abneigungen auf Platz drei – hinter Militär und Vereinsmeierei. Dabei muss Rosenkohl, richtig zubereitet, nicht bitter schmecken und er ist gerade im Winter eine wunderbar frische, gesunde und sogar heimische Bereicherung auf dem Speiseplan.

Herkunft und Verbreitung

Die erste offizielle Erwähnung von Rosenkohl unter dem Namen „Choux de Bruxelles“ datiert aus dem Jahr 1785, aber schon in einer alten Brüsseler Marktordnung des 13. Jahrhunderts ist von einer speziellen Brüsseler Kohlart die Rede unter dem Namen „Spryten“. Dieser Name wird in Belgien noch heute für den Rosenkohl genutzt; in den Niederlanden spricht man von „spruitjes“. Ab etwa 1810 wurde Rosenkohl auch in Frankreich verzehrt und ab 1850 in England und in Nordamerika.
Rosenkohl entstand, ob nun gezielt oder durch Zufall, als Kreuzung aus dem Sprossenkohl und dem landläufigen Kohlkopf. Rosenkohl (lateinisch Brassica Oleracea, Var. Gemmifera) gehört zur Familie der Kreuzblütler. Er wächst am besten in unseren oder auch etwas nördlicheren Breiten auf einem nährstoffreichen Lehm-Sand-Boden. Die 2-jährige Pflanze ist frosthart; im Sommer wächst sie zu einer stattlichen Größe von 80 bis 150 cm heran. Große wechselständige Kohlblätter säumen den Stiel. Im Winter bilden sich in den Blattachseln viele kleine Knospen, die „Rosen“, aus denen im kommenden Jahr Blütenstände und Samen in Schoten entstehen würden, wenn die Knospen nicht im Winter als Gemüse abgeerntet würden.

Es gibt inzwischen neben der klassischen, sehr frostbeständigen und – zumindest vor dem ersten Frost – etwas bitter schmeckenden Rosenkohlart auch milder schmeckende Züch¬tungen des grünen Rosenkohls und darüber hinaus eine sehr milde, fast nussartig schmeckende, violett gefärbte Variante (Sorte „Rubine“ – hier war wohl ein Rotkohl bei der Züchtung mit im Spiel).
Während in Deutschland der Jahresverbrauch pro Kopf nur bei 400 Gramm Rosenkohl liegt, wird er in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Großbritannien deutlich häufiger verzehrt. Entsprechend liegen hier die europäischen Hauptanbaugebiete. Auch in den USA und sogar in Japan wird Rosenkohl gerne und oft gegessen.

Warum ist Rosenkohl gerade für Menschen mit Morbus Bechterew / Spondyloarthritis so wertvoll?

  1. Rosenkohl hat eine ausgesprochen hohe Konzentration an sekundären Pflanzenstoffen: An vorderster Stelle sind die Glykosinolate zu nennen, die Senföle. Die beiden wichtigsten sind Sulforaphan und Diindolylmethan. Beide sind starke Antioxidantien („Radikalenkiller“) und können so helfen, laufende Entzündungsprozesse zu vermindern. Außerdem wurde (über Forschungsprojekte der Universität Freiburg) gezeigt, dass sie die Keimabwehr verbessern und der Mikrobiota im Darm dienlich sind. Eine gesunde und ausgewogene Mikrobiota im Darm ist eine wichtige Grundlage für ein intaktes Immunsystem, d.h. es leistet auf der einen Seite eine gute Keim-Abwehr und tendiert auf der anderen Seite nicht oder weniger zu autoimmunen Prozessen.
  2. Rosenkohl ist reich an Vitamin C. 100 Gramm Rosenkohl enthalten 115mg Vitamin C. Beim Kochen halbiert sich zwar diese Menge, aber sie liegt trotzdem weit über derjenigen anderer Gemüse. Mit 200 Gramm schonend gegartem Rosenkohl ist die empfohlene Tagesdosis von Vitamin C gut erreichbar. Vitamin C ist zum einen wichtig für eine gesun¬de Abwehr gegen Keime, und dies ist gerade im Winter wichtig. Zum anderen ist Vitamin C ein Antioxidans, und zwar als wesentlicher Teil des Redox-Systems, des körpereigenen Systems zur Neutralisierung von freien Radikalen. So kann Rosenkohl helfen, laufende Entzündungsprozesse zu minimieren.
  3. Rosenkohl ist reich an Mineralstoffen, vor allem Kalium: In 100 Gramm Rosenkohl sind 470 mg Kalium enthalten (die empfohlene Tagesdosis liegt bei 2000mg). Kalium ist wichtig für die Muskulatur und für die Aufrechterhaltung eines normalen Blutdrucks.
  4. Rosenkohl kann in der Vorbeugung von Krebserkrankungen hilfreich sein. Dies ist im Wesentlichen den Glykosinolaten zu verdanken, vor allem dem Sulforaphan. Hierzu gibt es entsprechende, aber bisher ausschließlich experimentelle Forschungsergebnisse der Universität Heidelberg.

Achtung: Rosenkohl enthält recht viel Folsäure – ein für die Blutbildung und intakte Schleimhaut wichtiges B-Vitamin; aber Patienten, die MTX einnehmen oder spritzen, sollten am MTX-Tag keinen Rosenkohl essen. Und Rosenkohl enthält viel Vitamin K – ein wichtiges Vitamin für den Knochenaufbau und für die Blutgerinnung. Patienten mit Einnahme von bestimmten Gerinnungshemmern (den so genannten Vitamin-K-Antagonisten wie Marcumar u.ä.) sollten dies beachten.

Einkauf, Lagerung und Anwendung

Sofern man die Möglichkeit hat, kauft man Rosenkohl am besten direkt beim Gemüsebauern oder auf dem Markt. Nach dem ersten Frost sind die Röschen deutlich weniger bitter; aber auch die violette Sorte ist von vorneherein milder. Wenn Sie im Supermarkt eine Packung Rosenkohl mit leicht vergilbten welken Röschen angeboten bekommen, lassen Sie diese besser liegen.
Man sollte frischen knackigen Rosenkohl im Kühlschrank (im Gemüsefach) nicht zu lange lagern, maximal 3-4 Tage. Bei der Zubereitung von Rosenkohl werden zunächst die äußeren Blätter und ggf. braune Stellen entfernt und der Strunk etwas gekürzt. Man kann die Kochzeit verkürzen und damit auch die Bissfestigkeit der Röschen erhalten, wenn man den Strunk über Kreuz einschneidet oder die Röschen halbiert.
Das oft in Rezepten vorgeschlagene Blanchieren von Rosenkohl ist m.E. nicht zu empfehlen, da hierbei zu viel wasserlösliches (!) Vitamin C und Kalium verloren geht.

Meine persönliche Lieblingsart der Zubereitung ist folgende: in etwas Rapsöl sanft anbraten und dann 1–2 Esslöffel süßen oder würzigen Senf dazugeben, umrühren, ggf. auch etwas Ahornsirup dazu, kräftig durchmischen, dann Ablöschen mit wenig (!) Wasser oder Suppenbrühe und langsam weiter köcheln lassen (etwa 10 Minuten), ohne die Röschen anbrennen zu lassen. Salz, Pfeffer und ggf. etwas geriebenen Muskat erst kurz vor dem Servieren der noch bissfesten Röschen dazu geben.
Diese Art der Zubereitung passt gut zu Wildbraten. Die vegetarische Alternative besteht aus angebratenen Tofuwürfeln (Mandel/Nuss-Tofu bevorzugt), gewürzt mit Kurkuma oder Ras el Hanout. Auch Steinpilze passen gut dazu.
Man kann den (in dem Fall nur kurz angebratenen) Rosenkohl auch in einem Auflauf verarbeiten, zusammen mit vorgegarten Kartoffeln und einer Mischung aus Eiern und (Hafer-)Sahne, welche man stocken lässt – und nach Belieben würzt.

Ich hoffe, Ihre Neugierde auf dieses leckere und gesunde Wintergemüse geweckt zu haben.

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