Erfahrungsbericht
Jörg Bahc aus Willich
Alle Erfahrungsberichte„Ich hoffe, dass meine Geschichte gerade jüngeren Betroffenen etwas Mut macht.“
Auf Empfehlung meines Orthopäden habe ich Kontakt mit der DVMB aufgenommen, um meine über 30-jährige Geschichte mit Morbus Bechterew auch mal als positives Signal (wenn man in diesem Kontext überhaupt davon sprechen kann) und Motivation gerade für jüngere Betroffene zu erzählen.
Mein Name ist Jörg Bahc, ich bin 64 Jahre jung und lebe offiziell (eindeutige Diagnose) mit Morbus Bechterew seit meinem 35. Lebensjahr, eigentlich aber schon die Hälfte meines Lebens. Vorausschicken möchte ich, dass ich Zeit meines Lebens immer aktiv und ambitioniert Sport betrieben habe – beginnend in der F-Jugend im Fußballverein bis zu den Senioren in der Landesliga, ab dem 20. Lebensjahr dann auch Tennis, was ab Mitte 20 dann auch bis vor fünf Jahren der absolute Fokus war, mit Mannschaftsspielen (zeitweise Verbandsliga) in den entsprechenden Altersklassen. Alpines Skifahren gehört auch seit über 40 Jahren zu meinen jährlichen Aktivitäten.
Nun, die ersten körperlichen Probleme begannen bei mir Ende zwanzig, mit typischen „Hexenschuss“- Symptomen, die von den Orthopäden konventionell behandelt wurden. Leider verkürzten sich die Intervalle der Schübe (was man im Nachhinein diagnostizierte) von Monaten auf Wochen. Teilweise war es gar nicht möglich, morgens aus dem Bett, geschweige denn ins Auto zu kommen. Auch wenn die Spritzen/Tabletten/Fangopackungen etc. nur temporär halfen, habe ich trotz Schmerzen meinen Lieblingssport weitergemacht oder es zumindest versucht.
Nachdem ich in einem Zeitraum von ca. vier Jahren bei verschiedensten Orthopäden war, die allesamt immer dieselben Diagnosen (u.a. Ischiasnerventzündung) stellten, bin ich letztendlich bei dem Fachmann gelandet, der anhand der Bestimmung von HLA-B27 und entsprechender Röntgenbildanalyse die Diagnose Morbus Bechterew stellte. Wie sich zeigte, waren zu diesem Zeitpunkt (1990) bereits die unteren drei Lendenwirbel verknöchert und die Aussicht auf eine mögliche kommende Unbeweglichkeit und dauerhaft anhaltende Schmerzschübe stieß bei mir als sportiven Menschen nicht gerade auf Begeisterung.
Was mir aber half, war die Zuversicht und der Rat des Arztes, weiter Sport zu treiben (auch wenn Tennis hier nicht unbedingt zu empfehlen sei) und parallel durch entsprechende Stärkung der Muskulatur insbesondere, aber nicht nur im Rückenbereich für eine Entlastung der Wirbelsäule zu sorgen.
Ich begann dann zunächst mit Übungen zu Hause und merkte sukzessive, dass ich immer weniger Probleme mit Rückenschmerzen hatte – und dies trotz eines Berufes, der viel mit Sitzen zu tun hatte, und trotz eines Sportes, der den Rücken viel beansprucht. Was mir aber schwerfiel, war die dauernde Motivation, mich zu Hause zu quälen. Daher habe ich mich mit Ende 30 in einem Fitnessstudio angemeldet, was im Nachhinein die beste Entscheidung war und wo ich seitdem regelmäßig (früher 1- bis 2-mal, heute 3- bis 4-mal die Woche) meine Kardio- und Kraftübungen mache.
Ich habe seit dieser Zeit bis heute – und wir sprechen hier von 25 Jahren – nie wieder auf Morbus Bechterew zurückzuführende Schmerzschübe oder dergleichen gehabt. Außer der Tatsache, dass es mit dem Bücken nicht mehr ganz so easy geht, war es gefühlt für mich so, als hätte ich mit Morbus Bechterew nichts mehr zu tun. Ich war danach auch nie mehr bei einem Arzt, bis vor sechs Jahren.
Ich suchte einen Sportmediziner/Orthopäden auf, weil eine fortschreitende Arthrose im Knie arge Probleme bereitete und der Arzt eine MRT-Untersuchung anordnete. Ich sagte ihm, dass bei mir vor 20 Jahren Morbus Bechterew diagnostiziert worden sei und ich gerne wissen würde, ob sich da etwas verändert hätte und ob man das nicht gleich zusammen mit der Knie-Untersuchung machen könne. Eine Röntgenaufnahme würde da reichen, war seine Aussage. Was dann aber folgte, muss ich hier zitieren: „Herr Bahc, wenn ich Sie mir ansehe und hier das Röntgenbild, dann passt das nicht zusammen.“ Die Aufnahme zeigte eine klassische Bambusstabwirbelsäule, die aber aufgrund meiner „Beweglichkeit“ keinesfalls mir hätte zugeordnet werden können. Auf meine Frage hin, dass ich ja in den letzten Jahren nichts gemerkt habe und was jetzt zu tun sei, sagte er, dass ich ja nichts verändern solle.
Ich habe vor fünf Jahren eine Knieprothese erhalten, was mich leider dazu zwang, mit dem Tennisspielen (nicht mit dem Skifahren) aufzuhören, aber nicht davon abhielt, mit dem Golfspielen anzufangen, was eine neue Leidenschaft in mir entfachte.
Es mag sein, dass ich bis dato absolutes Glück hatte, Morbus Bechterew zwar als Diagnose anerkenne, ansonsten aber auch mangels fehlender Nebenwirkungen die Krankheit komplett verdränge. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass ich heute wesentlich mehr körperliche Einschränkungen hätte, wenn ich nicht schon lange physisch dagegen ankämpfen würde.
Daher hoffe ich, dass meine Geschichte gerade jüngeren Betroffenen etwas Mut macht und die Motivation für eine halbwegs beschwerdefreie Lebenszeit mit der Krankheit auch in den eigenen Händen liegt.