Erfahrungsbericht

Thomas Plugowsky

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Gleichbleibende Motivation ist alles

Angefangen hatte alles mit 12 Jahren: Ich saß auf dem kalten Kellerboden und wollte mir für meine Matchbox-Autos eine Rennstrecke aus Holz basteln. Als ich aufstehen wollte, konnte ich plötzlich meine Beine nicht mehr bewegen. Mein Vater musste mich die Treppe hinauf in das Kinderzimmer tragen.

Es folgte die Tortur, die wohl fast jeder kennt, der zu der Zeit an Rheuma erkrankte. Es setzte eine ca. zwei Jahre andauernde Ärzte-Rallye ein. Am Ende bestand der Verdacht auf Juvenile Polyarthritis. Denn inzwischen waren auch Füße und Knie geschwollen und schmerzhaft. Anschließend ging es relativ schnell nach Garmisch-Partenkirchen, der einzigen Kinderrheumaklinik in Deutschland. Dort wurde die endgültige Diagnose Morbus Bechterew gestellt. Jetzt war ich völlig verzweifelt und ohne weiteren Lebensmut. Mein Leben sollte doch erst noch anfangen! Warum hat Gott mir das angetan? Ich war fest davon überzeugt, bald im Rollstuhl dahinzuvegetieren oder gar bald zu sterben. Zu oft sah ich ja, was dort mit den anderen Kindern geschah …

Rheuma bei Kindern? Das passt für die allermeisten Menschen nicht zusammen; Rheuma gilt auch heute noch als „Alte-Leute-Krankheit“. Schule und der spätere berufliche Lebensweg standen aber stets im Lichte dieser Erkrankung. Ich machte selbstverständlich fleißig meine krankengymnastischen Übungen und befolgte auch das Anziehen von warmen Wollsocken u.Ä. Insbesondere schluckte ich viel Aspirin und Amuno (Indometacin/NSAR und Cortison), die mir die Hausärzte vor Ort immer wieder und vor allem in immer höheren Dosen jahrzehntelang verschrieben. Doch die Erkrankung schritt voran. Es kam eine Iritis und ein Morbus Crohn hinzu …

Irgendwann, ich hatte inzwischen einen GdB von 60 (GbB = amtlich festgestellter Grad der Beeinträchtigung, ab einem Wert von 50 liegt eine so genannte Schwerbehinderung vor), bemerkte ich per Zufall, dass mir Yoga guttat. Später entdeckte ich das Tai-Chi-Chuan. Das war noch viel besser, und zwar ohne dass gelenkige Verrenkungen verlangt wurden, die ich sowieso nur schlecht hinbekam. 2011 erhielt ich als einziges Medikament den TNF-Alpha Blocker (erst Remicade, später Humira). Schlagartig fühlte ich mich fast unbesiegbar. Ich schwang mich aufs Fahrrad und fuhr in einem Stück nach Garmisch-Partenkirchen, absolvierte anschließend einen Kajak-Marathon und fing mit Kampfsport an. Ich wollte die verlorenen ca. 45 Jahre auf einmal nachholen. Natürlich ging dieses extreme Verhalten schief und es erfolgte ein Perikarderguss am Herzen (Herzbeutel-Erguss). Es dauerte also etwas, den richtigen Rhythmus respektive die goldene Mitte zu finden. Aber dank Tai-Chi bin ich schnell wieder ins Gleichgewicht gekommen.

Nach einigen weiteren Jahren des Übens bekam ich viel Lob: Mein Rücken war weitgehend gerade, ich hatte keine Schmerzen und war sehr ausgeglichen. Bis auf die irreversible Versteifung des Rückens ist die Krankheit (inkl. Crohn und Iritis) nach meinem Empfinden nunmehr fast völlig verschwunden! Der Bechterew macht sich heute nicht mehr bemerkbar. Er gilt als „ausgebrannt“. Dafür brenne ich weiter für Tai- Chi und Qigong sowie Kung-Fu.

Nach diesem ganzen Auf und Ab gebe ich gerne folgende Erkenntnisse weiter:

Der Wille: Never give up! Die Lebensphasen, in denen ich aufgegeben hatte, waren verlorene Lebenszeit. Meditieren Sie und beten Sie sich selbst gesund. Genau das hält die ständige Motivation aufrecht, die tatsächlich täglich und durchgehend, lebenslang erbracht werden muss. Tun Sie alles, um Ihr Immunsystem zu stärken! Gehen Sie spazieren, wandern Sie Jakobswege rauf und wieder runter. Kürzlich habe ich ein künstliches Hüftgelenk bekommen, gegen Humira hatte ich leider Antikörper entwickelt. Solche Schicksalsschläge werfen mich heute nicht mehr so zurück wie früher, da ich gelernt habe, meinen Willen optimal einzusetzen.

Der Sport: Bewegung bedeutet Leben bzw. Leben bedeutet Bewegung. Machen Sie Sport, der auch Spaß macht. Tun Sie alles, was geht – die Entscheidung für die richtigen Übungen treffen letztlich Sie selbst. Sehr zu empfehlen sind Kampfsportübungen, Fahrradfahren, Wassersport, Nordic Walking, Gerätetraining und Kneipp-Kuren. Machen Sie z.B. nicht 10 Liegestützen, sondern besser 100 … Machen Sie an schlechten Tagen eben weniger, aber hören Sie bitte niemals ganz auf!

Immer weiter lernen: Holen Sie sich den besten Support. Gehen Sie zu den besten Ärzten, Psychologen und Trainern. Was sind schon lange Wege, wenn Sie dadurch besser und sogar länger leben? Lesen Sie alles über Ihre Krankheit und lernen Sie immer wieder dazu. Supporten Sie sich selbst durch gute Ernährung, Gewichtsreduzierung (Intervallfasten), gute Zahnpflege (Ölziehen) und ausreichendem Schlaf sowie nur mäßigem Alkoholgenuss. Rauchen geht gar nicht! Suchen Sie sich adäquate Vorbilder. Lernen Sie NLP und Selbsthypnose. Lernen Sie richtig stressfrei atmen und üben Sie das täglich! Holen Sie sich bitte, bitte Motivationsbücher, nehmen Sie sich die dort beschriebenen Tipps zu Herzen. Bleiben Sie auf dem Weg; dies sollte das Ziel sein.

Und zu guter Letzt: Lachen beeinflusst das Schicksal positiv. Entwickeln Sie Ihren individuellen Humor.

Die Geschichte über die Fahrradtour nach Garmisch-Partenkirchen kann hier nachgelesen werden